Erfolgreich, wenn die Mitarbeitenden einen direkten Nutzen davon haben
Prozessoptimierung: ein Begriff, der geläufig und scheinbar selbsterklärend ist. Aber so richtig wissen viele nicht, was sich im Einzelnen dahinter verbirgt. Wie funktioniert Prozessoptimierung in der Gastronomie / Gemeinschaftsverpflegung?
Ein Gespräch mit dem Geschäftsführer von Keros Consult, Jörn Niewiadomsky.

Wir helfen den Stress in der Küche zu reduzieren
Herr Niewiadomsky, wie muss man sich Prozessoptimierung in der Gastronomie bzw. in der Gemeinschaftsverpflegung vorstellen? Zu allererst muss man die Prozesse verstehen, die man optimieren will. Deswegen beginnen wir zum Beispiel immer mit einer zweitägigen Potential-Analyse und schauen uns die gesamte Wertschöpfungskette an, entlang aller Schichten, von morgens bis abends: Wie kommt die Ware im Betrieb an, wie wird sie bestellt und vereinnahmt, wie sieht der Lagerbestand aus? Wer macht welche Aufgaben? Wann gibt es Leerläufe und wann passiert zu viel? Es geht hin bis zu den Gästen und zurück.
Bereiten sich die Unternehmen auf diesen zweitägigen Besuch vor? Ja, sie erhalten zwei Wochen vorher einen Fragebogen mit den Grundlagen: Wie viele Personen werden beschäftigt, wie viele Mahlzeiten werden produziert, wie viele Menüs gibt es? Wie hoch sind die Materialkosten? Und viele weitere Fragen, die man uns so vollständig wie möglich vorlegen sollte, damit wir uns schon einmal „eingrooven“ können. Übrigens: Dass wirklich alle Daten, die wir abfragen, vorhanden sind, habe ich in meiner gesamten Laufbahn noch nicht erlebt (lacht). Da muss man sich also keine Sorgen machen.
Muss um 24 Uhr die Wassertemperatur auf 60 Grad sein?
Wie läuft die Potential-Analyse dann ab? Es ist tatsächlich viel Schauen auf die Prozesse: Bestellung, Anlieferung, Spülen, Ausdecken und so weiter. Wir stellen viele Fragen und quantifizieren den Ist-Zustand mit unseren Benchmarks, heißt: Wir vergleichen die Werte mit rund 300 anderen internationalen Betrieben. So erhält der Kunde zuerst eine Standortanalyse und kann sehen, wie er im Industriedurchschnitt liegt, wo er besser ist und wo schlechter. Wir zeigen ihm dann pragmatische Lösungen zur Verbesserung, die oft sofort umgesetzt werden können.

Zum Beispiel? Zum Beispiel Stichwort Energiesparen, die Aufwärmzeit der Spülmaschine, die sich mit einem simplen Knopfdruck umstellen lässt.
Darauf könnten die Betriebe doch auch selbst kommen. Eigentlich schon. Aber meine Beobachtung ist: Viele wissen, dass sie beim Thema Energiesparen etwas tun müssen, zumal es ja immer teurer wird. Aber Wenige gehen wirklich systematisch ans Runterschrauben der Verbräuche ran. Darum gehen wir durch den Betrieb und prüfen: Was bläst da nachts, wenn keiner da ist? Muss um 24 Uhr die Wassertemperatur auf 60 Grad sein, wenn gerade keine Schicht ist, sprich keine Wertschöpfung passiert? In der warmen Küche läuft fast immer die Abluft durch. Wenn die Kantine aber nun am Samstag und Sonntag zu ist, dann muss sie das nicht tun. Und das kostet richtig Geld, weil starke Motoren dahinter liegen. Die Energietreiber runterzusetzen, ist gerade jetzt der einfachste Weg, um Kosten zu sparen. Wir stellen den Kunden vor, was wir in der Analyse gefunden haben – und wie sie dasselbe zum Beispiel auch im Büro anpassen können: Da gibt es Umluftanlagen, die oft 24 Stunden laufen. Sie haben aber oft eine Zeitschaltuhr, sodass man sie am Wochenende auf nur ein paar Stunden Betrieb runtersetzen kann.
Von welchem Einsparpotential sprechen wir hier grob? Das ist abhängig von der Betriebsgröße, aber fünf Prozent sind immer locker drin.
Energiekosten sind aktuell der eine „pain point“, zu wenig Personal der andere. Darum setzen wir auf Lean Management, eine optimale Ausnutzung der Prozesse. Ist zum Beispiel wenig Personal vorhanden, dann gilt es, die Prozesse so schlank zu machen, dass die (wenigen) Mitarbeitenden besser arbeiten können.
Wie gehen Sie hier vor? Es geht vor allem darum, die Spitzen zu entzerren. Es kommt immer wieder dazu, dass die Mitarbeitenden mittags, im Peak, in Stress geraten und in den Off-Peaks, wenn kaum jemand in die Kantine kommt, wenig oder gar nichts zu tun haben. Wir helfen, die Tätigkeiten nach vorne und nach hinten zu verlagern. Muss man zum Peak-Zeitpunkt unbedingt spülen oder kann man das im Nachhinein? Welche Mahlzeiten kann ich vorab – aber ohne Qualitätsverlust – anrichten? Was kann ich vorportioniert kaufen oder selbst so vorbereiten, dass ich es nicht noch an der Ausgabe tun muss? Spüle und Ausgabe sind die beiden Bottlenecks, und beides kann ich entzerren. Wenn ich die Spitzen glätte, verringere ich den Stress beim Personal enorm. Die Probleme entstehen meist nur innerhalb von zwei Stunden des Tages.
Wenn man solche Prozesse verbessern will, dann muss man die Leute mitnehmen, die sie ausführen. Dafür braucht es sicher Fingerspitzengefühl – zumal Menschen ja sehr unterschiedlich sind. Manche freuen sich vermutlich darauf, dass jemand kommt, der hilft, ihre Arbeit einfacher zu machen, andere sind skeptisch oder lehnen es komplett ab. Die Menschen mitzunehmen, ist die Kernaufgabe einer guten Beratung. Man kann sie nur hinter der Idee vereinen, wenn man ihre Sprache spricht und zeigt, dass man Ahnung von dem hat, worüber man redet.
Also dass man in diesem Fall schon selbst in einer professionellen Küche gearbeitet hat. Wir bringen das Praxiswissen mit. Viele von uns sind gelernte Köche oder waren schon Betriebsleiter. Ein Betriebswirt, der zwar theoretisch und fachlich super ist, aber die Praxis und die Augenhöhe vermissen lässt, wird mit seiner Prozessoptimierung keinen Erfolg haben. Den Leuten eine Projektskizze hinlegen und einmal erklären: So geht es – das geht eben nicht. Man muss die Menschen von Anfang an begleiten können.
Aber wann ist das Ergebnis denn erfolgreich? Die veränderten und verbesserten Prozesse sollen ja auch dann weiter funktionieren, wenn die Beratung beendet ist. Prozessoptimierung ist erfolgreich, wenn die Mitarbeitenden einen direkten Nutzen davon haben: Bewirkt die Veränderung ein einfacheres, stressfreies Arbeiten, dann werden sie es weiter so machen. Sehen sie keinen Sinn darin, zum Beispiel weil sie nur irgendwelchen Regularien folgen sollen oder Formulare ausfüllen müssen, werden sie es auch nicht annehmen. Dann hat man aber auch keinen guten Prozess vorgeschlagen.
Geht es auch darum, die Kreativität zu fördern? Absolut. Die Mitarbeitenden zu involvieren ist per se wichtig, und ihre Ideen aufzugreifen und zu integrieren, stärkt ihr Selbstbewusstsein. Es ist eine Frage der Firmenkultur: Fördert der Arbeitgeber dies?
Die Frage stellen wir zurück: Tun die Arbeitgeber das? In 90 Prozent der Fälle ja. Die Unternehmen wollen mit der Prozessoptimierung ja wirklich etwas verändern und Kreativität zu fördern, ist ein enormer Hebel. Das sehen wir in vielen Firmen. Die Leute sind regelrecht aufgeblüht, haben sich weiterentwickelt und sind sogar in Führungspositionen hineingewachsen.
Letzte Frage: Wann ist ein Prozess gut? Wenn er effizient läuft und alle zufrieden sind: Die Firma, weil es finanziell besser ist, die Mitarbeitenden, weil sie keinen Stress haben, und der Kunde, weil er eine super Qualität in der richtigen Zeit erhält.
Mehr zur Prozessoptimierung und dem zweitägigen Potentialcheck von Keros hier.